Antifaschismus ins Stadion, und ab rauf auf den Track!

Am 28. Dezember 2017 bedankten sich die Prussian Fat Cats auf ihrer Facebook-Seite für 1312 Likes. Und zwar in dem sie einen Text zu Politik im Sport im Allgemeinen und Antifaschismus im Sport im Besonderen veröffentlichten, der wenige Tage zuvor in ihrem Boutzine, dem Bonzenkurier, Nummer Zwei zu lesen war. Diesen „Empörungsessay“ wollen wir euch nicht vorenthalten. Auch weil er voll auf unserer Wellenlänge ist.

„Das hier ist kein Aktivismus – Sport ist Egoismus!“ Ach nee, Moment…wir sind hier ja bei Nulldrei. Und um ehrlich zu sein, sind wir genau deswegen hier. Wer „wir“ sind, dürfte euch bekannt sein, jetzt wo ihr schonmal dieses Heft in der Hand habt. Vor gut 2 Jahren wurde die Abteilung Roller Derby zum SV Babelsberg importiert. Mittlerweile vielleicht unnötig zu sagen, versteht sich die Sportart Roller Derby, und unser Team/die PFC insbesondere, als politisch konnotiert bis motiviert und aktiv. Was läge da also näher, als sich der hiesigen Zeckenbande e. V. anzuschließen und gemeinsame Sache gegen grassierende Diskriminierung, Konservatismus und ähnliche krude gesellschaftliche Ausprägungen zu machen. Wo in 14482 der Hammer hängt, konnte_musste_durfte direkt ein paar Monate später demonstriert werden. Denn, wir erinnern uns, unsere gelegentliche Teilnahme an Demonstrationen war dem für unsere Belange zuständigen Verband, dem Brandenburgischen Rollsport und Inline Verband (BBRIV), ein Dorn im Auge. Es folgten nervenzerrüttende Mails und Gespräche, Ablehnungsschreiben, Diskussionen und Verhandlungen, schließlich ein Schlichtungsgespräch in Gegenwart des Landessportbunds (LSB) – Schnee von gestern. Immer an unserer Seite, um mehr als nur die Ehre des After-Trainings-Sternis zu verteidigen (denn auch unser Alkoholismus war ein grauenvoller Kritikpunkt): die Garde aus dem 1. Stock in der Karl-Liebknecht.-Str. 90. Support erhielten wir in dieser Zeit nicht zu knapp, unter anderem auch von den Sucker Punch Ultras aus Nürnberg und vielen weiteren Roller Derby Teams und anderen weniger derby-involvierten Gruppen, die unsere Stellungnahme geteilt haben und uns den blaugefleckten Rücken stärkten. Wie wichtig es ist, dass als fadenscheinige Argumente getarnte Diffamierungen linker politischer Aktivitäten offen thematisiert und vor allem kritisiert werden, sehen wir einmal mehr am Beispiel der aktuell laufenden Charade, die sich noch immer als Rattenschwanz hinter dem Regionalligaspiel SV Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus im vergangenen April herzieht.

Ein winziger stichwortartiger Abriss: Hitlergrüße und antisemitische Äußerungen aus dem Gästeblock vs ein einziger (!), zumal nachweislich berechtigter, „Nazischweine raus!“-Ruf aus der Babelsberger Nordkurve. Das Ergebnis: Geisterspiel und 16.000 Piepen Strafe für EC (in Verrechnung mit älterer Strafe) vs 7.000 Schleifen und ein Geisterspiel auf Bewährung (seriously?!) Strafe für Nulldrei. Außerdem: nicht ein Wort bezüglich der reudigen Aussagen und Handlungen aus dem Gästeblock im schriftlichen Urteil. Ein Schelm*, wer nichts böses dabei denkt…

Es folgten verfahrenstechnische und bürokratische Kapriolen der hübschesten Sorte und Babelsberg kämpfte weiter an zwei Fronten. Während das Urteil am einen Ende immer und immer wieder angefochten wurde und wird, kam am anderen Ende die schnieke und offenbar längst überfällige Kampagne „Nazis raus aus den Stadien!“ dabei herum (wir würden die Shirts ja auch tragen, aber in unseren Stadien gibt’s keine Nazis : )). Besagte Kampagne als grandiosen Marketinggeniestreich zu bezeichnen, würde ihr absolut nicht gerecht werden, doch die Begeisterung und Geschwindigkeit, mit der sie sich in die Medien und auf die Plätze erstreckt hat, sprechen Bände. Roter Stern Leipzig bestellte postwendend einen ganzen Mann*schaftsatz an Shirts, um damit bei der Erwärmung fürs Spiel gegen den TSV Schildau ein Statement zu setzen. Doch das Tragen der Shirts wurde ihnen aufgrund der aufgedruckten Provokation untersagt. Lassen wir uns das kurz auf der Zunge zergehen… Was nun an den Schildern der Schildauer Fans à la „Rotfront verrecke“ und „Weißer arischer Widerstand“ weniger provokant ist, kann wohl nur Gauland erklären. Und das will ja wirklich keine*r. Auch RSL lässt sich nicht unterkriegen und reagiert beim nächsten Spiel mit einem „Antifaschismus lässt sich nicht aussperren“-Banner. Eine neue Runde, eine neue Wahnsinnsfahrt: 150 Ocken Strafe vom Sächsischen Fußballverband.

Da kann fast nur der BBRIV mithalten, der in erlesener Runde beim Mediationsgespräch im vergangenen Frühjahr verlauten ließ: „Antifaschismus stört“. Wir wünschten so sehr, die Märchenstunde würde sich so langsam dem Ende zuneigen, doch es sieht verdammt nochmal nicht danach aus. Also heißt es zusammenstehen. Solidarität zeigen. Solidarität mit all jenen, die von staatlicher Repression betroffen sind, die sich mit willkürlich verteilten Urteilen herumplagen müssen, denen ihre antifaschistische Meinung und Haltung mit dubiosen Argumenten abzusprechen versucht wird. Solidarität mit denen, die sich tagtäglich mit Energie Cottbus und TSV Schildau Matsch abgeben müssen und sich nicht wie wir auf einem fein gemachten, wenn auch gehegten und gepflegten und mitunter erkämpften Sport-plus-Aktivismusbett fletzen können.

Wir, die Prussian Fat Cats Potsdam, stellen uns klar hinter die Fans* und Spieler*innen von RSL und natürlich und vor allem hinter unseren eigenen Verein, dem angehören zu dürfen uns jeden Tag mit metaphorisch wie realen mittelgroßen bis amtlichen Pyroshows erfüllt.

Forza Nulldrei! Avanti Fat Cats!
Antifaschismus rein ins Stadion, und ab rauf auf den Track!

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