Berlin Rollt – Vol. IV

Eine weitere Ausgabe des Ultra Unfugs und damit ein weiterer Bericht zu Roller Derby. Wäre schon ungewöhnlich eine Ausgabe ohne in Händen zu halten, oder? Wie praktisch, dass am vorletzten Wochenende die vierte Ausgabe von Berlin rollt im Terminkalender stand. Und dann gab es auch gleich wieder einen Doubleheader – die Berlin Rollergirls traten zum Bout gegen Sucker Punch Roller Derby Nürnberg in der 3. Bundesliga an und Bear City Roller Derby wollte sich in der 1. Bundesliga mit der Harbor Girls aus Hamburg messen. Letztere sind übrigens eine Abteilung des teilweise recht beliebten FC St.Pauli.

Mehreres machte diesen Derbytag im Poststadion interessant. Zum einen wusste ich vorher bereits, dass beide Gastteams Supporter*innen haben, die hoffentlich auch mitreisen würden. Gerade Nürnberg hat eine ordentlich große Zeckentruppe am Start. Außerdem trafen mit Bear City und den Harbor Girls zwei absolute Toppteams aus Schland aufeinander. Da sollte spieltechnisch also einiges gehen. Ein paar Sorgenfalten trieb mir allerdings ein anderer Fakt auf die Stirn. Der eher weniger beliebte FC Energie Cotzbus sollte zeitgleich nebenan gegen den Berliner AK spielen. Können diese Unsympathen einen nicht mal beim Roller Derby in Ruhe lassen?!

Ungeachtet der zu erwartenden menschlichen Abgründe in unmittelbarer Nähe, machte sich die Reisegruppe gut gelaunt auf den Weg. Clever wie wir sind, wurde die Anreise so gestaltet, dass sie sehr entspannt über die Bühne ging. Vor Ort das inzwischen fast schon klassische Ritual – Eintrittsspende abgedrückt, Boutheft eingesackt, lauschiges Plätzchen suchen, feststellen, dass ein weiteres Mal Leute aus Preußencity die Officialscrew bereichern und sich mal den Naschereien zuwenden. Derweil machten sich die Teams warm und kurz vor Peng trudelte auch der ganz ansehnliche Gesangshaufen aus Nürnberg ein. Damit war angerichtet.

Im ersten Spiel durften die Rollergirls ran, unterstützt von einer bonzigen Katze, die sonst in Potsdäm für Punkte sorgt. Dabei zeigte sich schnell, dass Nürnberg ein gutes Team zusammenhat, das sich in der Saison bisher nur Ligaprimus Leipzig geschlagen geben musste. Es lief einfach und Berlin rollte schnell einem größeren Rückstand hinterher. Der Supporter*innenmob machte das, wofür er da war – supporten. Inklusive Fahnen, Bannern und so Schnickschnack. Dazu einiges an Gesängen, teils eigenes teils bekannt vom Fußball. Hätte für meinen Geschmack etwas durchgängiger sein können, aber ich will mich nicht beschweren. Zur zweiten Hälfte dann noch ne kleine Fight Homophobia Choreo untermalt mit etwas Rauch. Zwei Daumen nach oben dafür! Ebenfalls Nachobendaumen haben sich die Rollergirls nach der Pause verdient. Die holten nochmal aus und Sucker Punch hatte deutlich mehr Mühe, als im ersten Durchgang. Das übertrug sich auch auf die Tribühne, wo immer wieder lautstarker Support für Berlin aufbrandete. Am Ende behielt Nürnberg zwar die lädierte Nase vorne (Glückwunsch!), allerdings bei weitem nicht so eindeutig, wie nach den ersten 30 Minuten zu erwarten war.

Bevor das zweite Spiel des Nachmittags losging, gab es sogar noch einen im wahrsten Sinne „kleinen“ Demo-Bout zu bestaunen. Bear City hat nämlich vor ein paar Jahren Bear City Junior Derby ins Leben gerufen. Ziel ist es, Kids mit entsprechend angepasstem Regelwerk an den Sport heranzuführen. Und ein paar von diesen Kids hatten heute ihren großen Auftritt. Unterstützt wurden sie dabei von einigen Spielerinnen aus dem A-Team, bei denen meine Wenigkeit kurz der Gedanke kam: „Wow…die haste neulich erst im Internet das Turnier in Pittsburgh spielen sehen!“ (aufmerksame UU-Leser*innen erinnern sich). Dabei war es echt interessant zu sehen, wie viel Spielverständnis (Wallformationen, Recycling von rausgeblockten Gegnerinnen, etc.) die Kids, vielleicht so zwischen 10 und 14 Jahren, bereits haben. Es bleibt spannend, was dabei rauskommt, wenn die erstmal zu den „Großen“ wechseln.

Als letztes spielerisches Highlight an diesem inzwischen verregneten Septemberabend wartete dann noch Bear City vs. Harbor Girls auf uns. Berlin hat die 1. Bundesliga in den vergangenen Jahren komplett dominiert, was sie anscheinend nicht mehr ganz so spannend fanden. Deshalb geht seit dieser Saison „nur“ noch das B-Team an den Start. Das A-Team macht wohl die internationale Konkurrenz unsicher. Hab ich zumindest gehört. Oder stockt ein wenig in der Bundesliga auf. Auch hier rollte übrigens wieder eine Fat Cat mit. Jedenfalls war ich erfreut, dass auch hier für beide Teams Supporter*innen am Start waren. Und einer von denen erwärmte mitten im Spiel mein Herz, als er ein völlig unterschätztes Punkrock-Liedchen textsicher anstimmte, das mich bereits das ganze Jahr begleitet. Und nein, ich verrate nicht, um welches es sich handelt. Auf dem Track war es erwartet spannend und Berlin, wie ebenfalls erwartet, nicht so dominierend wie in den letzten Jahren. Im Gegenteil. Hamburg konnte sich einen Vorsprung herausspielen und zumindest mich immer wieder besonders mit ihrer Offense überzeugen, die den Jammerinnen zu nicht wenigen Punkten verhalfen. Am Ende konnten die Harbor Girls dann auch die 2 Punkte mit an die Elbe nehmen.

Uns zog es noch einige Stunden durch die Vorstadt, bevor es wieder nach Hause ging. Damit wurde auch ein wenig die Wartezeit auf den 7.10. verkürzt. Da treten die Prussian Fat Cats nämlich in Dresden bei den Trackoos an. Also – ab nach Pegidatown! Außerdem gibt es dort nochmal 1. Bundesliga zu bestaunen – Dresden Pioneers vs. Graveyard Queens aus Kölle. Am 8.10. kann man sich weiterhin auf den Weg ins Poststadion machen. Bear City fordert die RuhrPott Roller Girls aus Essen heraus.

Zum Abschluss noch ein Hinweis an alle, die die Prussian Fat Cats gerne unterstützen wollen, aber mit Rollen unter den eigenen Füßen nix anfangen können – Werdet Non-Skating Official! Non-Watbitteschön?! Ohne NSOs kein Roller Derby. Sie übernehmen wichtige Aufgaben wie Punkte zählen oder Strafzeiten stoppen. Und bekommen nach dem Spiel vielleicht auch noch ein oder zwei Freigetränke. Mit dem Ziel, eine scheißcoole NSO-Crew aufzubauen, veranstaltet das Team die „Flamingo Fever – Autumn School“. Ab dem 28.10. wird euch in wahrscheinlich 4 Terminen alles beigebracht, was ihr für den Anfang einer epischen NSO-Karriere braucht. Checkt die Veranstaltung auf der Facebook-Seite der Fat Cats. Support your local Roller Derby!

Dieser Text erschien zuerst im Ultra Unfug, dem Fanzine der Nordkurve Babelsberg.

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